Brief unserer Initiative an die Mitglieder der Landessynode unserer Kirche vom 1.4.2022

Den Mitgliedern der Landessynode
der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz

Sehr gehrte Synodale,

angesichts der Entwicklung des Projektes „Garnisonkirche Potsdam“ wenden wir uns in tiefer Sorge um Ruf und Verlust gesellschaftlicher Akzeptanz der Evangelischen Kirche an Sie. In den letzten Monaten waren sowohl die Finanzierungsprobleme des Projekts als auch das intransparent erscheinende Management des Vorstandes dieser Kirchenstiftung Gegenstand öffentlicher Diskussion. Aus unserer Sicht ist eine kritischere Betrachtung des Vorhabens durch den Haushaltsausschuss der Synode sowie eine kritische Begleitung durch die Kirchenleitung unumgänglich. Wir erinnern: Die Landessynode hatte auf ihrer Frühjahrstagung 2016 3,25 Millionen Euro aus Kirchensteuermitteln als zinsloses Darlehen unter der Voraussetzung bewilligt, dass die Finanzierung des 1. Bauabschnitts gesichert ist. Auch künftige Personal- u. Sachkosten sollten durch eigene Einnahmen (Erträge eines wachsenden Stiftungskapitals u.a.) gedeckt werden. Auch die EKD und der Kirchenkreis Potsdam gewährten im Vertrauen auf die Solidität des vorgelegten Finanzierungspaketes Darlehen in Höhe von 1,5 Millionen € bzw. 250.000 €. Wie die damals beschlossenen Rückzahlungsmodalitäten realisiert werden können ist heute allerdings ungewisser denn je. Für Zustimmung zu den Darlehen wurde seinerzeit mit der Begründung geworben, dass Kirchensteuern nicht benötigt würden. Nun erklärt der Vorsitzende der Stiftung Prof. Dr. Wolfgang Huber öffentlich, dass es seitens der Stiftung bei Ausbleiben weiterer Mittel keinen „Plan B“ für den Weiterbau gäbe. Das gleiche gilt für die Kosten, die sich aus der fortlaufenden Nutzung des Projektes ergeben. Wir stellen fest: Das ursprüngliche Bauvorhaben, eine Kopie der Garnisonkirche, zumindest ihres Turms zu errichten, ist gescheitert.

  • Gescheitert aufgrund des gesellschaftlichen Konflikts innerhalb der Stadtgesellschaft, den das Vorhaben auslöste;
  • Gescheitert an einer verzerrenden Identitätsbeschreibung der Wirkungsgeschichte der ehemaligen Kirche, die öffentlich korrigiert werden musste;
  • Gescheitert an illusionären Erwartungen bezüglich eines kostendeckenden Spendenflusses.

Die gegenwärtigen Selbstentlastungsbemühungen der Stiftung (Corona usw.) gehen an den tatsächlichen Ursachen dieses Desasters vorbei. Kritische Stimmen aus der Potsdamer Bevölkerung, aus bundesweiten innerkirchlichen Bereichen und aus der Wissenschaft hatten sich wiederholt zu Wort gemeldet.

  • Bisherige Beschreibungen der künftigen inhaltlichen Programmatik werden der Historizität des Ortes nicht gerecht. Theologische, historische und kirchenhistorisch begründete Kritik in der Zeit der Vorhabenplanung aber wurde übergangen oder überheblich abgetan.
  • Auf die besorgniserregende Fragilität des Finanzkonzepts samt seiner überzogenen Spendenerwartungen wurde oftmals und von vielen Seiten öffentlich hingewiesen. Fragen nach der Übernahme der tatsächlichen künftigen Personal- und Betriebskosten wurden nicht beantwortet. Der schwerwiegende öffentlich gemachte Vorwurf, dass Spendenmittel für den Bau rechtswidrig in den laufenden Betrieb der Stiftung einflossen, steht ungeprüft weiterhin im Raum.
  • Fachlich qualifizierte Stimmen, die bereit waren, eine Gestaltung des Turmes mit notwendigen „Brechungen“ statt einer martialischen Kopie zu bedenken, wurden abgewiesen.
  • Die Grundfrage nach dem tatsächlichen kirchlichen Bedarf angesichts eines diesbezüglich ausreichenden Potsdamer Raumprogramms bleibt bis heute unbeantwortet.

Nach ihrem Scheitern legt die Stiftung das Projekt der Landeskirche vor die Tür und erachtet es als völlig selbstverständlich, dass diese oder auch der Kirchenkreis Potsdam künftig (anders als der Synode im Frühjahr 2016 zugesagt) für das Projekt und seinen künftigen Betrieb finanziell einstehen. Ohne Synodenbeschluss werden nun ca.1 Mill. € zugesagt. Es erweist sich, dass das Projekt in der Bauphase und im künftigen Betrieb entweder dem Kirchenkreis Potsdam oder dem landeskirchlichen Haushalt zugeordnet werden muss. Und dies angesichts der finanziellen Gesamtsituation der EKBO und den großen, auch ökologischen Her-ausforderungen durch den Gebäudebestand der Kirchgemeinden.

Das Vorgehen der Stiftung hat dem Ansehen unserer Kirche in der Potsdamer Stadtgesellschaft und weit darüber hinaus schweren Schaden zugefügt. Wir erwarten deshalb, dass seitens unserer Kirche die Vermögensverhältnisse der Garnisonkirchenstiftung und die Kostenübernahme für den in Aussicht genommenen Betrieb umfänglich geklärt und in der Stiftung personelle Konsequenzen gezogen werden.

Wir bitten die Synodalinnen und Synodalen der Landessynode, sich dieser Problemanzeige anzunehmen.

Mit freundlichen Grüßen und guten Wünschen, namens der Initiative

Dr. B Albani, Uta Brux, Dr. H. Misselwitz, Dr. Sigrid Lorentz, Theo Lorentz, H. Rugenstrein, Annette Paul, Reiner Weitzel, Gerd Bauz, W. Hülsemann
Dr. Konrad Elmer-Herzig, Michael Karg, Günther Köhler, Ruth Misselwitz, Sigried Neumann, Günter zur Nieden, Dr. Uwe-Karsten Plisch u. die Profilgemeinde „die Nächsten“ Potsdam

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Postanschrift: z. Z. W. Hülsemann, Am Schmeding 52, 12685 Berlin
Mail: kontakt@christen-brauchen-keine-garnisonkirche.de
www.martin-niemoeller-stiftung.de
https://dienaechsten.jimdofree.com/profilgemeinde/

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