Brief unserer Initiative an die Mitglieder der Landessynode unserer Kirche

Sehr gehrte Synodale,

angesichts der Entwicklung des Projektes „Garnisonkirche Potsdam“ wenden wir uns in tiefer Sorge um Ruf und Verlust gesellschaftlicher Akzeptanz der Evangelischen Kirche an Sie. In den letzten Monaten waren sowohl die Finanzierungsprobleme des Projekts als auch das intransparent erscheinende Management des Vorstandes dieser Kirchenstiftung Gegenstand öffentlicher Diskussion.

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Erklärung

Warum wir Christinnen und Christen keine neue Garnisonkirche brauchen

Der geplante Wiederaufbau der Potsdamer Garnisonkirche spaltet die Potsdamer Bürgerschaft. Jenseits von Stadtbild- und Stadtentwicklungsfragen, des Streites um öffentliche Gelder oder private Spender, scheiden sich seit zwei Jahrzehnten die Geister an der Frage, was der Wiederaufbau dieser Kirche symbolisiert.

Wir wollen dem Eindruck entgegentreten, alle Christinnen und Christen würden dem Vorhaben einhellig zustimmen.

Weil es ein Projekt von „nationaler Bedeutung“ sei, wie Initiatoren erklären, fragen wir uns, was für ein Signal vom Wiederaufbau angesichts einer Geschichte ausgeht,

  • in der die Potsdamer Garnisonkirche insbesondere für eine Kirche stand, die sich von Obrigkeit und Militär in den Dienst nehmen ließ, Demokratie verachtete und auf politische Weisung Krieg predigte,
  • in der am „Tag von Potsdam“ am 21. März 1933 das verheerende Bündnis zwischen konservativem Bürgertum, preußischem Militär und Nazi-Führung mit kirchlichem Zeremoniell besiegelt wurde.

Weil der Wiederaufbau dieser Kirche eine Stellungnahme zu dieser Geschichte ist, wollen wir

  • keine Kirche, die der Einstimmung von Soldaten auf Gehorsam bis in den Tod diente und durch religiöse Deutung des Krieges ihn als Gottes Wille predigte;
  • keine Kirche, die unser Nein zum „Geist von Potsdam“ rückgängig macht und nicht deutlich macht, was wir seit den Bekenntnissen von Barmen 1934 und Darmstadt 1947 als Versagen und Verrat am Evangelium nach wie vor bezeugen.

Weil die Kirchen in Deutschland seither die Trennung vom Staat als einen Weg in die Gesellschaft gesucht haben, und weil sie ihr öffentliches Wirken an Frieden, Gerechtigkeit und Bewahrung der Schöpfung orientieren wollen, fragen wir, ob und wie ein Neubau der Garnisonkirche als ein Zeichen verstanden werden kann, das dem entspricht.

  • Wir bezweifeln, wie der geplante Neubau dem Konzept eines „Versöhnungszentrums“ entsprechen kann, wenn schon die Zusage nicht mehr gilt, die Kirche unter das Nagelkreuz von Coventry zu stellen.
  • Wir verstehen nicht, wie zum Reformationsjubiläum 2017 die Fertigstellung des Turms dieser Kirche gefeiert werden soll. Wir befürchten, dass damit die notwendige Auseinandersetzung mit den dunklen Seiten der Kirchen der Reformation, ihrem antidemokratischen Geist und ihren antijüdischen Predigten verdrängt wird.

Weil Kriege, Militarisierung der internationalen Beziehungen und Missbrauch von Religion zu kriegerischer Hetze bedrohlich aktuell sind, weil auch in Deutschland von „neuer Macht“ geredet, gegen eine „friedensverwöhnte“ Gesellschaft polemisiert und ein Ende der militärischen Zurückhaltung gefordert wird, brauchen wir heute ein anderes Zeichen als eine neue Garnisonkirche.

Potsdam, zum 1. September 2014